Einsatz in Gaza-Klinik beendet - Netanjahu vor Operation

Gaza-Krieg - Beit Lahia (Archivbild)
© Mohammed Alaswad/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa

Die Lage im Überblick

Gaza/Tel Aviv (dpa) - Israels Streitkräfte haben ihren dreitägigen Großeinsatz im Kamal-Adwan-Krankenhaus im Norden des Gazastreifens beendet - und dabei nach eigenen Angaben 240 mutmaßliche Hamas-Kämpfer gefangen genommen. Unter den Festgenommenen war auch der Direktor der betroffenen Klinik in Beit Lahia, Hussam Abu Safeia, wie die Armee mitteilte. Er werde verdächtigt, ein «Terror-Kader» der islamistischen Hamas zu sein.

Die israelischen Streitkräfte hatten am Freitagmorgen das Krankenhaus angegriffen. In der Klinik war laut Armee eine Kommandozentrale der Hamas aktiv. Unter den Festgenommenen seien auch Kämpfer des mit der Hamas verbündeten Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ). Einige Milizionäre hätte sich als Patienten verkleidet, andere Widerstand geleistet. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. 

Die Armee hatte betont, sie habe bei ihrem Vorgehen Zivilisten, Patienten und Mitarbeiter der Klinik geschont und im Einklang mit dem Völkerrecht behandelt. Aus medizinischen Kreisen im Gazastreifen hieß es, es habe mehrere Verletzte bei dem Einsatz gegeben.

Netanjahu wird operiert

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unterzieht sich heute einer Prostata-Operation. Das teilte sein Büro in Jerusalem mit. Der 75-Jährige sei am vergangenen Mittwoch im Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem untersucht worden. Dabei hätten die Ärzte eine Infektion festgestellt, die auf eine gutartige Vergrößerung der Prostata zurückgehe. Der Regierungschef wurde seitdem mit Medikamenten behandelt. 

Die heute geplante Kabinettssitzung der Regierung finde statt, hieß es in der Mitteilung weiter. Ob mit oder ohne Netanjahu, ging daraus nicht hervor. Der Regierungschef war in der Vergangenheit öfter wegen gesundheitlicher Probleme im Krankenhaus. Zuletzt war er Ende März wegen eines Leistenbruchs unter Vollnarkose operiert worden. Im Sommer vergangenen Jahres wurde ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt.

Geisel-Mutter: «Ich habe einen Traum»

Indes demonstrierten mehr als 1.000 Menschen in Tel Aviv für die Freilassung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas. Einav Zangauker, die Mutter einer Geisel, forderte in ihrer Rede die Teilnehmer dazu auf, die Augen zu schließen, wie die «Times of Israel» berichtete. «Ich habe einen Traum», rief sie. «Ich träume, dass mein Matan und die anderen 99 Geiseln zu uns zurückkehren. Im Traum sehe ich, wie der Ministerpräsident (Netanjahu) den Deal unterzeichnet, der alle Geiseln nach Hause bringt.»

«Und jetzt öffnet eure Augen weit», fuhr sie fort. «Öffnet sie weit: Unser Ministerpräsident möchte die Geiseln nicht nach Hause bringen und den Krieg (in Gaza) nicht beenden.» Aus der Menge ertönten Buh-Rufe. «Netanjahu, vergiss nicht: die Geschichte vergisst nicht», schloss Zangauker ihre Ansprache. 

Beim Terrorüberfall auf den Süden Israels am 7. Oktober des Vorjahrs hatten die Hamas und ihre Verbündeten 1.200 Menschen getötet und weitere 250 in den Gazastreifen verschleppt. Rund 100 von ihnen befinden sich noch in der Gewalt ihrer Entführer, viele von ihnen dürften schon tot sein. Das Massaker der Islamisten war Auslöser des Gaza-Kriegs.

Monatelange Verhandlungen, die zur Freilassung der Geiseln und der Beendigung des Kriegs führen sollen, blieben bislang ergebnislos. Kritiker Netanjahus geben weitgehend ihm die Schuld daran. Aus ihrer Sicht hat der Regierungschef kein Interesse an einem Ende des Kriegs, weil ein solches seine Machtstellung in Israel gefährden würde. 

Bericht beschreibt grausame Folter an Geiseln

Israels Gesundheitsministerium legte einen Bericht an die UN-Sonderberichterstatterin für Folter, Alice Jill Edwards, vor, in dem die schweren Misshandlungen der Geiseln durch ihre Entführer beschrieben wird. Er stützt sich auf die Erkenntnisse von Ärztinnen und Ärzten, die mehr als 100 Geiseln behandelten, die entweder freigelassen oder befreit wurden.

Unter ihnen waren Männer, Frauen und Kinder. Nahezu alle waren körperlicher, seelischer und sexualisierter Gewalt unterworfen. Typisch seien Methoden, die Willenskraft der Entführten zu brechen, etwa durch Isolationshaft, Hunger, Schlafentzug, Gewalt, Drohungen und Nicht-Behandlung von Verletzungen und chronischen Erkrankungen.

Schläge, sexualisierte Gewalt, Nahrungs- und Schlafentzug

Geiseln wurden von ihren Peinigern geschlagen, gefesselt und an den Haaren gezogen, ihnen wurden Nahrung und Wasser verweigert und Brandwunden zugefügt. Oft wurden sie unter schlimmsten hygienischen Bedingungen festgehalten. Manchmal wurden schmerzhafte medizinische Behandlungen ohne Betäubung vorgenommen. Frauen waren sexuellen Angriffen ausgesetzt, mussten sich etwa vor ihren männlichen Geiselnehmern ausziehen und Berührungen erdulden. 

Geiselnahme und Gefangenschaft waren für die Betroffenen traumatische Erfahrungen. «Die medizinischen und psychosozialen Teams gehen davon aus, dass substanzielle Mittel und maßgeschneiderte Therapien nötig sind, um die Rehabilitation und Reintegration der zurückgekehrten Geiseln zu bewerkstelligen», heißt es in dem Bericht.

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Israels Regierungschef Netanjahu
Regierungschef Netanjahu muss sich einer Prostata-Operation unterziehen. (Archivbild)© Maya Alleruzzo/AP/dpa
Regierungschef Netanjahu muss sich einer Prostata-Operation unterziehen. (Archivbild)
© Maya Alleruzzo/AP/dpa
Nahostkonflikt - Tel Aviv
Mehr als 1.000 Menschen demonstrieren in Tel Aviv für einen Geisel-Deal. © Ariel Schalit/AP/dpa
Mehr als 1.000 Menschen demonstrieren in Tel Aviv für einen Geisel-Deal.
© Ariel Schalit/AP/dpa
Jahrestag 7. Oktober 2023 – Kibbuz Reim
Ein Bericht an die UN-Berichterstatterin für Folter beschreibt die unsäglichen Qualen, die die Geiseln in der Hamas-Gefangenschaft erleiden müssen. © Ariel Schalit/AP/dpa
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© Ariel Schalit/AP/dpa

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